Mittwoch, 30. Juni 2010

Wir fusionieren bis es kracht...

Nach langer Winterpause ist die Saison wieder eröffnet: Nicht Obst, Gemüse oder Strand; Musik ist hier das Stichwort. Gesponsert wurde das Opening vom Fusion-Festival. Drei Tage Sand-Tanz-Gestöber in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Vorbereitungsphase war eher unorthodox. Direkt aus Prag zurückgekehrt ins heimische Haus der Eltern, bin ich zwei Stunden später auch schon wieder abgezogen. Dank perfekter Aufgabenverteilung: Anne fährt vor, baut das Zelt auf, Ivonne kauft ein, ich bin zurück in Deutschland, hat dieser fliegende Länder-Situationswechsel auch hervorragend geklappt. Damit war das Festival eigentlich auch schon erfolgreich in Sack und Tüten. Denn nun nur noch fachgerecht zu überleben, ist wahrlich nicht schwierig. Arme, Beine im Takt der elektronischen Tanzmusik, den Kofferraum bzw. das Zelt prall gefüllt mit Leckereien, Feuchtigkeitstüchern und Mini-Seife in der Handtasche, die Stimmbänder gut geölt für ein besonders enthusiastisches "Oh Yeah!" und startklar war das Party-Komitee.

Es melden sich zum Dienst:

Nina, Ivonne, Anne

Es war eigentlich schon vorher klar, aber mit Schrift auf Papier wurde es glasklar: Das Programmheft versprach zu viel: Workshops, Filme, Theater, Musik. Da nächstes Jahr eh alles anders wird, kann man den Plan gleich verwerfen 'Ganz viele Dinge auszuprobieren" und zu den lebensfördernden Dinge zurückkommen. Vergiss Yoga! Tanz einfach!



Dann fällt das nicht-schlafen auch nicht schwer. Wobei das mit dem Schlafen sowieso eine der größeren Hürde der Festival-Überlebensstrategie ist. Im Allgemeinen ist so ein Zelt wirklich schlecht wärmeisoliert, zwischen 3 -5 Uhr zu kalt und danach nur noch eine Sauna für Arme. Selbst nach draußen unter die Plane umgezogen, hält der Tiefschlaf nur bis Mittags. Nützt alles nix, in alter Mauler-Manier "Mach fertig das Gerät!" gings mit der Flasche links und rechts in der Hand 'notgedrungen' zurück aufs Gelände. Neben der Flüssigkeitsversorgung ist die allgemeine Zuckerzufuhr von besonderer Bedeutung. Trifft die gesunde, vegetarisch, vegane, absolut bio bio bio, ohne Konservierungsstoffe zubereitete Nahrung nur so halb den dafür vorgesehen Kaubereich, macht das auch nicht viel. Der Körper holt sich schon, was er braucht.



72 Stunden später ist von der Fusssohle nicht viel übrig außer Horn, dafür schwallt das Blut voller Druck. Und es wird trotzdem Zeit zu fahren. Das nächste Jahr befolgen wir den Rat und bleiben einfach da bis zum nächsten Tag oder wenns besonders gut kommt nächstem Jahr.

Unwissend und pflichtbewusst wie wir nun einmal waren, fuhren wir, direkt in die schrecklichen Tiefen von Finster/Grusel/Mörder/Alle Tiere springen auf die Straße und sagen laut Hallo/-Wald.


Roadkill - Nikolaus Lang

Folgende detailliert beschriebene Situationsanalyse unserer wagemutigen Fahrerin Ivonne, über die Rückfahrt (nachdem wir schon aus dem Auto waren) gibt wohl des besten Einblick, was diese Nacht los war. Vollmondnächte - Schreckensnächte.

gekürzter Auszug

Schon auf dem Weg von Plüschow nach Upahl zählte ich Katze, Igel, Fuchs, Igel, Katze, Katze, Fuchs - in der Reihenfolge. Alle eindeutig identifiziert. In Upahl hab ich mich dann verfahren. Es folgte eine halbe Stunde in Schritttempo auf einem Feldweg (?), durch Orte wie Klein und Groß Trebbow, in denen man nicht tot über den Gartenzaun hängen mag. Da hängt auch niemand mehr, weder tot noch lebendig, weil sich dort Igel und Hase Gute Nacht sagen. Der Hase wollte dann auch nicht von der Straße gehen. Ich halte an. Fernlicht aus. Hase bewegt sich nicht. Licht aus. Bis zehn gezählt (und darauf gefasst, dass jeden Moment ein Mörder aus dem Busch springt oder sich vom Rücksitz auf mich stürzt). Licht an. Hase sitzt immer noch da, riesengroß, guckt mich an und geht nicht weg. So saßen wir 5 Minuten und beäugten uns argwöhnisch, bis ich einfach losgefahren bin - und er weg sprang. Das war aber noch nicht genügend Herzinfarktpotential... Auf dem Weg nach Bobitz, auf einer Straße, die sich eigentlich nicht so nennen sollte, liefen mir dann (ich habe mitgezählt) 5 Füchse, 3 Igel, 8 (!) Katzen und eine Familie von Rehen über den Weg. Eins habe ich fast überfahren. Mir reicht es. Ich bin fertig. Ich glaub, ich krieg graue Haare.

Ich schicke euch diese unglaublich interessante Nachricht im Übrigen nur, weil mein Puls immer noch auf 180 ist. ^^ Das nächste Mal zahl ich euch das Taxi. ;-) Aber Zivilisation kann man das ja nicht unbedingt nennen, wo ihr da wohnt.

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