Montag, 26. Dezember 2011

Naherfahrungen fotografischer Natur

Im C/O Berlin werden noch bis zum 26. Februar 2012 zwei Fotografieausstellungen unterschiedlichster Natur gezeigt.

Ron Galella
Paparazzo Extraordinaire


Im unteren Stockwerk die Fotografien eines Mannes, den viele Stars gerne im Gefängnis gesehen hätte, den sie nicht immer friedfertig von ihrem Boden vertreiben mussten und der in seiner Suche nach den authentischen Augenblicke der großen Stars viele Gefahren einging sowie Grenzen maßlos überschritt.



Jackie auf der Flucht vor Galella 1971


Jackie und der Fotograph selbst

Gundula Schulze Eldowy
Die frühen Jahre


"Damals glich Berlin einer untergegangenen Stadt, hatte etwas von einer archäologischen Stätte" Die Ausstellung zeigt drei Serien Eldowys. Berlin in einer Hundenacht: aber auch Leipzig und Dresden 1977-1990, Tamerlan: die Geschichte einer Frau von 1979 - 1987, Der große und der kleine Schritt: ein Farbzyklus der erschreckend realistischen Art.




"Gegen jede Art von Tragik bin ich damals immun gewesen. Was mich antribe, war Neugierde. Es war auch Schönheitssinn, der mich das Entsetzen lehrte" Eldowy



(beide aus der Serie. Berlin in einer Hundenacht)

Dienstag, 6. Dezember 2011

Standpunkte (23)

Der Wind zieht. 50 Minuten zur Hochschule. Mein Anfahrtsweg hat sich um 20 Minuten verlängert. Ich habe Potsdam verlassen.


Statt auf eine Tram zu warten, stehe ich nun am S-Bahnhof. Mehr Menschen, weniger Sitzplätze, keine Busfahrt. Ich freue mich am warmen Badezimmer, an dem erfreuten Hallo aus dem Schlafzimmer, an dem morgendlichen gemeinsamen Kaffee.

Ich freu mich, mir ein Zimmer in Berlin zu teilen. Ein Monat. Weiter. Die nächste Wohnungserfahrung gilt es zu suchen. Mittelfristig. Berlin ist überflutet. Zu voll um langfristig bei allen zu wirken. Hoffe ich noch.

Dienstag, 29. November 2011

Auf die fremden Plätze ... los!


Einführungswoche an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf": Statt Schnitzeljagd durch die neue Studienstadt oder ähnlich spannende meist alkoholisierte Kennenlernspiele, wurde aus dem ersten Kennenlernen auch gleich ein Filmprojekt. Zum Thema Revolution sollten drei Minuten ausspielbares Filmmaterial zusammengebastelt werden. Damit es gleich etwas konfuser wird, durfte jeder Student in ein fremdes Fach wie Regie, Ton, Schnitt etc. einsteigen. Dank falscher Sitzwahl wurde aus mir neben einer Schnittverantwortlichen auch gleich "Schauspielerin".

Hier das Ergebnis der fünf Tage aufgabenswitchen.

Sonntag, 20. November 2011

Neulich im Hamburger Bahnhof

Dem persönlichem Geschmack nach gegliedert und dabei die Fristenspannung eingehalten. Je höher in meiner Gunst desto baldiger wieder ausm Bahnhof raus.


PREIS DER NATIONALGALERIE FÜR JUNGE KUNST
CYPRIEN GAILLARD, KITTY KRAUS, KLARA LIDÉN UND ANDRO WEKUA

nur noch bis 8. Januar 2012

Kitty Kraus
Ohne Titel
2011



Cyprien Gaillard
Artefakt
2011
Film (HD Video übertragen auf 35 mm) endlos, Ton



TOMÁS SARACENO.
CLOUD CITIES

noch bis 15. Januar 2012






ARCHITEKTONIKA
bis 12. Februar 2012

Carl Andres
07512 Karlsplatz
1992


Rachel Khedoori
Untitled (Pink Romm 1-6#)
2001


Isa Genzken
New Building for Berlin
2001


Andrea Pichl
(ehemalige Stipendiatin im Schloss Plüschow)
Doubleblind
2011

Montag, 31. Oktober 2011

Stichwort Networking


Studienfahrt. Klassenfahrt zum Dokumentarfilmfestival kurz Dok Leipzig. Mit nahezu 80% der "Erstis" der HFF Potsdam fuhr ich in meine frühere Studienheimat. Ziel dieser Hochschulmission: die erste Möglichkeit, Chance, Notwendigkeit alle Kommilitonen genau kennenzulernen und die Fundamente der nächsten Monate oder gar Jahre Zusammenarbeit zu mauern. Am besten schon auf der Hinfahrt mit dem schönsten aller Züge dem InterConnex sollten sich die Gruppen für die erste Filmübung finden. Zum Glück dokumentarischer Natur und da ich als Drehbuchstudentin optionales Mitglied dieser Übung wäre, sein könnte, wenn überhaupt wollen würde, konnte ich meine Small-Talk-Künste zunächst vorsichtig ausprobieren und im Laufe der Festivaltage verfeinern.

Dass mir die ersten Worte zur Herkunft, zum Wetter oder auch nur zur allgemeinen Befindlichkeit nicht liegen, stelle ich schon seit Jahren fest. Der erste Kontakt ist meine Grabschaufel.(Privater Exkurs: ich sehe hier auch die Schwäche meiner Berliner WG-Suche. Ein Jahr später und die Probleme wiederholen sich. Mittlerweile gibt es zumindest prinzipiell mehrere Menschen, die mit mir zusammen wohnen wollen würden, nur leben die eben schon in einer WG. Wobei, dies könnte auch Augenwischerei sein. Egal. Die Suche ist schon entwürdigend genug.) Mir dieses Mangels bewusst, versuche ich meine Fähigkeit langsam zu trainieren. Schließlich wird im Hintergrund ständig das mir so verhasste Wort geflüstert: Networking. Networking. Networking. Nichts geht mehr ohne Networking. Der Anfang allen Goldes ist Networking. Ohne Networking bleibt man nicht im Geschäft. Viel schlimmer noch ohne Networking kommt erst gar nicht an die Schwelle zum Geschäft. Ohne Networking werde ich beruflich kaum Alternativen zum zweiten (in meinem Fall sogar vierten) Bildungsweg der Fleischwarenfachverkäuferin haben.

Da bei dem Inhalt des Netzwerkens auch die Form zählt, hielt ich mich auf der Zugfahrt hauptsächlich mit einem Kaffee und zwei anderen Studentinnen in der ersten Klasse auf. Da ich die beiden schon seit den ersten Tagen unseres Studiums kannte, zählte dies wohl nicht als Small-Talk. Trotzdem ist die Aufforderung der Sitznachbarin "Müssen die sich ausgerechnet hier unterhalten" wohl als Erfolg zu werten. Es wurde angeregt geredet mit nahezu fremden Menschen und ich war live dabei.

Die nächsten vier Tage in Leipzig konnte ich allerdings nicht so fokussiert angehen. Nahezu aufopferungsvoll habe ich mein Zimmer im gemeinschaftlichen Hostel der ungarischen Gaststudentin zur Verfügung gestellt und sie damit vor dem Nächtigen unter einer Brücke oder gar noch schlimmer in einem überteuertem Zimmer bewahrt. Abgeschnitten von der Gruppe nächtigte ich in der jugendlichsten WG Leipzigs, wenn gleich wunderbarerweise immer mit Freunden gefüllt, ist sie dabei auch die kraftraubendste WG Leipzigs. Aber zum Networking gehört bekanntermaßen auch alte feste Banden weiter zu knüpfen. Die nächsten Tage standen im Missverhältnis des Zwiespalts: Glühwein und alte Bande oder Film mit anschließendem Empfang und neuen Kontakten. Jede Stunde des Tages diese Entscheidung war wohl der schwierigste Part des Dok Leipzig. Ein Fahrplan pegelte sich ein: Mittags aufstehen (alt), in die Stadt fahren, ins Kino gehen (neu), auf einen Kaffee an der Uni treffen (alt), wieder ins Kino (neu), zu einem Glühwein kommen und zu drei bleiben (alt), der Empfang oder die Party ohne Musik dafür mit Freigetränken (neu), in der Nacht abwechselnd altbekannter Club mit Freunden (alt) oder Aftershow-Party in unbekannten Lokalitäten mit bekannten Gesichtern (neu). Selbst zur Abfahrt konnte ich mich nicht zwischen alt und neu entscheiden. Fahre ich tatsächlich am Samstag mit der Hochschule zurück nach Berlin oder bleib ich einen Tag länger bei der vertrauten Jugend? Das Tempo der Straßenbahn hat letztendlich entschieden und ich bin eine Minute vor Zugabpfiff in den InterConnex gesprungen.



Fazit dieses Networking-Ausflugs:
Wer mich bei meinen Versuchen des Small Talkens einfach stehen lässt, hat keinen Sinn für Komik.
Wenn schon: Bei Bier und Wein muss es sein.
Das Thema Wetter bespreche ich nur mit guten Freunden. Zu wenige Menschen wissen das Phänomen von Wolken und Gewitter zu schätzen sowie die tiefe Bedeutung eines Wettergesprächs.
Ich muss wohl besser werden oder konsequenter Verweigerer, dabei aber Genie sein, damit ich nicht verarme.

Freitag, 30. September 2011

Das Kastanien-Prinzip


1. Kastanien fallen im Herbst von den Bäumen.
2. Kastanien sind mehr als nur Bastel- und Dekorationsmaterial.
3. Wer die Kastanie ehrt ist des Glückes wert.
4. Glückskastanien fallen nicht willkürlich.
5. Sie fallen vor die Füße der Person, der sie Glück bringen wollen.
6. Wenn man eine extra Kurve geht, um die vermeintlich schönste Kastanie zu finden statt die aufzuheben, die für einem bestimmt ist, weist das auf Eitelkeit statt Wünsche.
7. Glückskastanien müssen liebevoll eingesteckt und aufbewahrt werden.
8. Man darf selbstgefundene Glückskastanien an Menschen verschenken, denen man Glück wünscht.
9. Die erste Kastanie des Tages muss man allerdings selbst behalten.
10. Es gibt keine Höchstgrenze an Glückskastanienfunden.
11. Wenn einem eine Kastanie auf das Auto fällt oder vors Fahrrad gilt das gleiche Prinzip. Aus- bzw. Absteigen und einstecken.
12. Was nach den Kastanien folgt ist ungewiss.
13. Sicher ist nur, dass der Herbst immer wiederkommt.


a. Potsdam hat sehr viele Kastanienbäume.
b. Lässt sich somit in dieser Stadt besonders einfach das Glück finden?
c. Und gilt das ganze Prinzip auch bei zerfahrenen Kastanien, die vor meinen Füßen lagen oder gilt das Glücksprinzip dann umgekehrt?

Dienstag, 20. September 2011

Potsdam begrüßt mit Musik

Mein erster Tag in der neuen Heimat.
Nach sechs Jahren hatte ich sie nun erreicht: die bevölkerungsärmste Stadt in der ich jemals abseits von Plüschow leben sollte. Mit 156.906 Einwohnern doch tatsächlich knappe 50.000 weniger als Rostock. Nach dieser Erkenntnis hatten die Vorurteile ihre freie Bahn in meinem Gemüt. Die Erinnerungen an die Hansestadt für zwei Jahre: zauberhaft, verträumt und furchtbar klein. Dachte ich nach den 3 Monaten im noch nicht einmal 100-Seelenort Plüschow, dass ländliches Idyll, die Möglichkeit viel Zeit im Grünen zu verbringen und persönlich Eier vom Hof zu kaufen ein Seelenheil sein könnten, änderte sich meine Meinung schlagartig. Ich fuhr am Ortsschild vorbei, was folgte waren Bäume, Sträucher, Wiesen, hier und da ein Haus, Schloss Sanssouci und dann tatsächlich einige Straßen: wir waren im Zentrum angelangt. Der Lichtblick war meine Zwischenunterkunft: zentral gelegen, ein Haus mit Abbruchcharme wie ich es wünsche und innen drinnen gemütlich sowie verdammt kalt an den Füßen. Um keine unnötigen Minuten verstreichen zu lassen, ging es gleich los ins holländische Viertel auf direktem Wege zu dem Glas Wein, dass die Zukunft rosiger aussehen lassen sollte. Mit angeschimmerten Blick ging es weiter ins Einkaufsparadies Fußgängerzone. Da lag sie vor mir die Stadt mit den sanierten Gebäuden, kaum zerstörten Denkmälern und liebevoll gekehrten Pflastersteinen. Kurz vor dem Brechreiz, den solche idyllischen Orte bei der Vorstellung hier die nächsten Jahre zu verbringen bei mir hervorrufen, kamen wir an eine Kreuzung. Auf der anderen Straßenseite das Format von Bühne, die jene Kleinstädte noch entsetzlicher machen. Eine von RTL 104,6 gesponserte Auftrittsfläche auf der wohl gleich eine Countryband spielen würde und die Einheimischen davor peinlich berüht oder begeistert mitwippen. Doch dann anstatt Cowboyhüten und einheitlicher Bandkluft stehen da Jupiter Jones. Zwar musikalisch nicht vergleichbar mit dem Angebot des MAU-Clubs (meine beste Erinnerung an Rostock), hob es dennoch mein Stimmung bei dem Gedanken an Potsdam. Für lau und draußen bei Sonnenschein war dies wohl die Begrüßung, die die Stadt vor meiner totalen Verdammung rettete und wer weiß, vielleicht kommt noch mehr, was mir gefallen könnte. Zur Not bleibt mir zumindest die Nähe zu Berlin.