Samstag, 10. März 2012

Olli sagte "Schenk dem Kamel ein Lächeln"

Wadiya ist ein zauberhaftes Land im südlichen fiktiven Herzens der Welt. Aladeen ist ein tolles Staatsoberhaupt, den ich gern als Vater meiner mutmaßlich erst in ferner Zukunft geborenen Kinder wünsche. Meine Meinung? Wohl kaum, aber nach langer Zeit war ich heute mal wieder als Komparsin unterwegs. Zur Bewerbung des Films "Der Diktator" ging ich jubeln.



Zu den Filmen von Cohen habe ich bisweilen noch keine Meinung gefunden, da ich erstens noch keinen gesehen habe und das widerum zweitens weil ich höchst skeptisch bin, ob Sacha Baron Cohen meine Art des Humors treffen mag. Macht ja nix, schließlich gilt für mich mehr denn je die Devise: Ich bin jung und nehm das Geld. Besonders wenn sich Nebenjob mit Filmdingens kreuzt.

Etwas verwirrt machte ich mich also am samstäglichen Morgen 10 Uhr auf den Weg zur Botschaft Wadiyas am Omnibusbahnhof in der Masurenallee. Die grün-orangen Banner weisten mir den Weg zu des Herrschafts Stätte. Die drei gerade ein wenig widerspenstig ausgeladenen Kamele, sowie einige majestätische Militärwagen verstärkten den Eindruck, dass ich hier wohl richtig war, um mich zum Jubeldienst zu melden.




Vor dem Eingang drehte auch schon die bestellte Stimme des Landes einige Gehschritte. Zu meinem persönlichen Glück wurde Olli Schulz getarnt als Autoverkäufer Andreas statt Aladeen geschickt, womit mir das Jubeln deutlich erleichtert wurde, da ich eben jenes tatsächlich bei Konzerten schon geübt habe.




Nach erfolgreichem Abtritt aller unserer Rechte, wurden wir mit Schildern, Bannern und für die zurückhaltenderen (wie mich) kleinen Fähnchen ausgestattet. Zwischen den knapp 30  Demonstranten/Jubilare formierte ich mich mit zu einem Zug.



Todesmutig hielten wir den Verkehr auf, als wir trotz der roten Ampel die Straße überquerten. Demo bleibt Demo. Dass wir dann gleich von der Polizei angehalten wurden, verwundert kaum. Eine kurze Klärung und wir schritten weiter. Die Polizei folgte unauffällig, wir schienen bedrohlich in unserer Euphorie der "Wadiya" Chöre. Mittlerweile waren wir am Eingang des Messegeländes angekommen. Bei der ITB ist auch Wadiya mit einem Stand vertreten und der Botschafter sollte jeden Moment einfahren. Professionell wurden wir drapiert und dann hörten wir die Marschmusik, wir sahen die Kamele, die Militärwagen, wir wurden animiert, wir begannen unsere Chor- und Jubelgesänge lauter denn je. Olli Schulz aka Andreas sprach zu uns, doch wir verstanden kaum ein Wort.






Während die majestätische Masse sich weiterbewegte, blieben wir kurz unentschlossen zurück, um dann aber doch noch verstärkend hinterher zu springen. Es gab noch einmal Marschmusik und offizielle Worte von Andreas. Den Hinweis, die Treppe zu räumen, ignorierten wir und jubelten und schrien, was das wadiyaische Herz hergab, die Fahren wedelten und dann war es auch schon vorbei. Schnell zurück zur Botschaft, bevor wir noch wirklich Ärger bekamen. Das war es mit dem Staatseifer, ich bin wieder in meiner Wohnung angekommen und denke nun über meine politisch-filmische Haltung nach.


Doch eine besondere Botschaft vom Botschafter nehme ich für die Zukunft mit: Verschrecke keine Kamele mit einem grimmigen Gesicht. Danke Olli, sonst hätte es auch keinen Grund für Jubel gegeben.

Am 16. März 2012 erscheint das neue Album "S.O.S. - Save Olli Schulz" von Olli Schulz

Montag, 5. März 2012

so ges(ch)ehen 25

Beim heutigen Sonnenschein dachte ich, das angenehme mit dem nützlichen zu verbinden, sollte im Fall einer "künstlerisch" Halbwerktätigen kein Problem sein. So begab ich mich mit einer Rohfassung meines ersten Kammerspiels vor die Haustür und auf die Suche nach einem sonnigen Platz in einem Kaffeehaus mit ambitionierten Ambiente.
Da ich mein Wohnrevier noch keiner Hipster-Überprüfung unterzogen hab, schritt ich zielsicher Richtung des mir vertrauten Kollwitzplatzes. Der Spielplatz in der Mitte mit den viel besprochenen Prenzl Berger Eltern plus Kinderschar übersah ich mühelos und steuerte einen Ecktisch mit Blick auf die Straße an. Ganz stilsicher bestellte ich einen Latte Macchiato zum überhöhten aber nicht überraschenden Preis und zog meine Blätter plus Rotstift aus meinem Jutebeutel. Wie ich so dasaß und las, hörte ich von der anderen Seite des Raumes immer wieder Worte wie "Rohschnitt", "Buchvorlage", "Produzenten" und "super, das passt in meinen Terminplan". Ich blickte vorsichtig rüber und entschied bei dem Anblick drei ziemlich bunter, blonder und gemütlich dasitzender Frauen, dass mir mein träges Gemüt eine Sinnestäuschung zuspielte. Ich las weiter. Als zehn Minuten später die eine blondgelockte Mähne die andere an der Tür verabschiedete, trieb mich eine Ahnung einer vertrauten Stimme dazu, noch einmal hinzusehen. Keine Sinnestäuschung sondern Diana Amft stand dort und umarmte und freute sich auf das nächste Projekt. Scheinbar passte ich mit meiner Tagesaufgabe perfekt ins Café und Klischee.
Doch als nach dem Abgang dieses ersten Geschäftstreffens hinter mir eine braunhaarige, junge Frau ihr Handy rausholte und anfing diverse Personen darüber zu informieren, dass sie zu dem Casting am Freitag eventuell eine halbe Stunde zu spät kommt, weil sie vorher noch einen wichtigen Termin wegen des neuen Dokumentarfilms in Zusammenarbeit mit dem RBB hat, wurde es mir doch zu viel. Verschämt lehnte ich mich, als ich abkassiert wurde, über meine Drehbuchformatierung. Soll doch keiner denken, dass ich Part dieses Treibens bin, schließlich befind ich mich doch noch in der Aus- und Weiterbildung dieses Lebenstils. 

Samstag, 3. März 2012

Betty in echt in Berlin

Ohne erwartetes Anstehen schaffte ich es Donnerstag Mittag in die Neue Nationalgalerie zur Gerhard Richter Ausstellung mit dem schwergewichtigen Titel Panorama.

Gerhard Richter Panorama
bis 15. Mai 2012
Neue Nationalgalerie Berlin

Ich war bestens vorbeireitet, laut meiner Video-Recherche sollte mich eine chronologische vogelperspektivische Darbietung Richters bisherigen Schaffens erwarten. Dieses Versprechen hielt die Ausstellung, die Anfänge, die Abstraktionen, die fotorealistischen Porträts und Landschaftsaufnahmen, Skulpturen und die Berühmtheiten waren zu sehen. Besonders das Wiedersehen mit Betty hat mich fasziniert. Jetzt kann ich mir sicher sein, dass ich sie im Original gesehen habe.


Betty 
1988
Öl auf Leinwand


Dennoch enttäuschte die Ausstellung ziemlich: zu dicht, zu unpassend, zu viel gewollt. Für eine Retrospektive war nicht genug Raum und so wurde dicht an dicht gehängt, groß hing abwechselnd neben klein, sowie fotorealistisch abwechselnd neben abstrakt.

Ein Kunstobjekt stimmte mich besonders traurig: Ein Schriftzug auf der Querseite einer Wand gewann meine Aufmerksamkeit, da ich mich wunderte zu welchem Bild es gehören sollte. Ich ging näher und las "Kugel III (Piz Fora) 1992, Edelstahl, Privatsammlung." Ich blickt auf den Boden und da lag sie. Eine glänzende Kugel eingefercht auf dem Boden zwischen Wand und Absperrung, dabei natürlich nicht mittig sondern Richtung Ecke gelegt. Natürlich logistisch schwierig anders zu platzieren, schließlich kann man sie nicht einfach in den Raum legen ohne Sicherheitsmarkierungen, aber diese Ausstelldiskriminierung fand ich wirklich unangemessen. manchmal muss eine Ausstellung auch verzichten können, statt etwas auszustellen und dabei unausstellbar zu machen. Außerdem tat mir die Kugel einfach leid. Ich könnte mir vorstellen, dass sie Probleme mit ihrem Selbstbewusstsein hat.


Dafür wurde sich bei der Umrahmung der Ausstellung Raum gelassen. 196 Tafel der "4900 Farben" umfassten das Panorama.


4900 Farben (Version I)
2007
196 Tafeln, Lack auf Alu-Dibond